Fünf Länder-Innenminister zu „GETEX“, der gemeinsamen Übung von Polizei und Bundeswehr

Mit „GETEX“ („Gemeinsame Terrorismusabwehr-Exercise“) treiben der Bundesinnenminister und seine Kollegin aus dem Verteidigungsministerium den Umbau der Sicherheitsarchitektur weiter voran [1]. Fünf Innenminister der Länder waren sich jedoch – über Parteigrenzen hinweg – weitgehend einig darin in ihrem Urteil über diesen Vorstoß. Das äußerten sie freimütig bei der Podiumsdiskussion, die traditionell zum Abschluss des Europäischen Polizeikongresses im Februar in Berlin stattfand:

Holger Stahlknecht, CDU-Innenminister aus Sachsen-Anhalt, blieb relativ neutral und auf Parteilinie: Wer eine Krise beherrschen wolle, müsse die voraussehbare Lage zuvor trainiert haben.

Joachim Herrmann, CSU-Innenminister aus Bayern, schwächte ab: Die Polizei in seinem Bundesland sei sehr gut aufgestellt und leistungsfähig. Es sei – in sehr extremen und seltenen Ausnahmefällen – denkbar, dass ein Land die Bundeswehr anfordern müsse. Dafür sei dann auch eine Übung sinnvoll. Zwischen den Zeilen schwang deutlich mit, dass Herrmann andere Aufgaben für wesentlich dringender hält.

Ins gleiche Horn stieß Andreas Geisel, neuer Innensenator der SPD aus Berlin: In der Hauptstadt mache man sich intensiv Gedanken darüber, wie kritische Infrastrukturen geschützt werden können, z.B. die Wasser- und Stromversorgung oder die Telekommunikations-Infrastruktur. Ein zehnminütiger Ausfall der TK-Struktur in seiner Behörde konnte bereits fatale Folgen haben. Ein weiteres Problem sehe er in der Bewertung der derzeit viel diskutierten Gefährder. Dafür brauche die Polizei einheitliche und die richtigen Kriterien. Das seien nur zwei Aufgaben, die er für wesentlich wichtiger halte, als den Einsatz der Bundeswehr im Innern.

Boris Pistorius, SPD-Innenminister aus Niedersachsen sah schlichtweg keine Notwendigkeit: Die Bundeswehr habe politische Aufgaben und solle dabei auch bleiben. Wenn sich der Bund schon stärker organisieren wolle, habe die bessere personelle Ausstattung der Bundespolizei viel höhere Priorität. Und stellte die Frage: Wann und wo hat der Bund mal etwas besser gekonnt als die Polizeien der Länder?!

Noch deutlicher wurde Rolf Jäger, SPD-Innenminister aus Nordrhein-Westfalen: Er könne sich sehr wenige Szenarien vorstellen, die eine gemeinsame Übung überhaupt notwendig machten. Und: Ein solcher Ernstfall dürfe nicht zwischen Freitag Mittag und Montag Morgen geschehen! Im Übrigen sei eine Grundgesetz-Änderung deswegen nicht notwendig.

[1] Verwandte Beiträge zum Umbau der Sicherheitsarchitektur

Anmerkungen zur den Leitlinien des Bundesinnenministers für einen starken Staat in schwierigen Zeiten: Staatsstreich auf leisen Sohlen – Teil 1, 03.01.2017, CIVES
http://cives.de/staatsstreich-auf-leisen-sohlen-teil-1-4054

Auswirkungen der Schuldenbremse auf die Sicherheitsarchitektur in Deutschland: Staatsstreich auf leisen Sohlen – Teil 2, 13.01.2017, CIVES
http://cives.de/schuldenbremse-sicherheitsarchitektur-staatsstreit-teil2-4220

Neues BKA-Gesetz: Polizeiarbeit soll Bundessache werden: Staatsstreich auf leisen Sohlen – Teil 3, 02.02.2017, CIVES
http://cives.de/neues-bka-gesetz-polizeiarbeit-bundessache-staatsstreich-teil3-4458

[2] Zum Hintergrund / Pro und Contra

Soldaten können es nicht besser, 08.08.2016, Zeit Online
Die Union will wegen der Terrorgefahr die Armee im Inland als eine Art Hilfspolizei einsetzen. Doch die Bundeswehr kann wenig leisten, was die Polizei gebrauchen könnte.
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-08/innere-sicherheit-bundeswehr-soldaten-polizei-terror/komplettansicht

Zur verfassungsrechtlichen Sicht:
Es braucht mehr als eine Schönwetterordnung
Nach Anschlägen: Bundeswehreinsatz im Inland?, 02.08.2016, Legal Tribune Online
http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bundeswehr-einsatz-im-inneren-debatte-skandal-rechtslage-katastrophe-grundgesetz/

Das Zusammenwachsen von Innerer und Äußerer Sicherheit, 15.10.2014, Bundeszentrale für Politische Bildung
http://www.bpb.de/politik/innenpolitik/innere-sicherheit/190542/das-zusammenwachsen-von-innerer-und-aeusserer-sicherheit

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