Twicker 2017-02

Wir lesen viel. Was dabei hängenbleibt, uns interessant erscheint, insbesondere im Zusammenhang mit Polizei und mit polizeilicher Informationstechnik, das landet im ‚Twicker‘.

Strafandrohung für Gewalt gegen Polizeibeamte soll verschärft werden

Es ist nicht mehr lange hin, bis die gesetzgeberischen Aktivitäten in Berlin in Wahlkampf und Sommerpause zum Erliegen kommen werden. Schnell noch vorher soll die Strafandrohung für Angriffe auf Polizeibeamte drastisch verschärft werden. Ist das eine frühe Form des Stimmenfangs von CDU/CSU?! In einer Zeit, wo die Gefahr besteht, dass viele Stimmen von Polizeibeamten „den etablierten Parteien“ verloren gehen?

Tobias Singelnstein, Jurist und Kriminologe, sagte dazu gestern in der Süddeutschen Zeitung: „Das nützt niemandem“. Der geplante neue Tatbestand, vermutet er, kann ein „symbolisches Signal an die Polizeigewerkschaften“ sein. Die Entfremdung zwischen Polizei und Bürgern werde dadurch nicht durchbrochen, sondern verschärft. Ein besonderer strafrechtlicher Schutz der Polizei sei ein „Privileg, das man sonst eher in autoritären Staaten findet“.
Respekt entsteht nicht durch Drohungen‚, 02.02.2017, Süddeutsche Zeitung

Thomas Fischer, Vorsitzender Richter des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs und Kolumnist in der Zeit Online, erläuterte, wie immer humorvoll und kenntnisreich, die Besonderheiten der „Gewalt“ gegen Polizeibeamte und des „Widerstands„. Er schließt seine Bewertung des neuen Gesetzesvorschlags: „Man könnte natürlich auch anders denken. Man könnte von der Polizei eine Reduzierung von Wichtigtuerei und Drama verlangen. … Man könnte die Polizei auffüllen mit Tausenden BeamtInnen mit Migrationshintergrund. Man könnte sie veranlassen und motivieren, ihre selbstbezüglichen Schneckenhäuser zu verlassen. Volles Risiko also, wie Ballauf und Freddy. Bürger unter Bürgern. … Dazu müsste man den PolizeibeamtInnen allerdings mehr anbieten: Normale Arbeitsbedingungen, angemessene Besoldung, ein Berufsleben jenseits von Mangelverwaltung. …“
Der Polizist als Opfer‚, 31.01.2017, Zeit Online

Parteien auf Stimmenfang müssten also noch ’ne Schippe drauflegen für jede Polizisten-Stimme…

Über Fußfesseln und mediale Erregungswellen

Am 01.02. stellte der Bundesinnenminister den nächsten Eckpfeiler seiner neuen Sicherheitsarchitektur vor: „Ein übergreifendes Informationssystem in sicherheitspolitisch herausfordernden Zeiten“. Wenig sexy, dieser Titel. Wissen wir auch aus eigener Erfahrung, dass die Mehrzahl von PolizeibeamtInnen und BürgerInnen abschaltet, wenn ‚Polizei‘ und ‚Informationssystem‘ in einem Satz vorkommen. Das war wohl auch die Absicht.

Denn eigentlich geht es dem Innenminister um sein schönes, komplett neues BKA-Gesetz. Und da muss man ja nicht mit dem ganz großen Scheinwerfer drauf halten: Vor allem, wenn man weiß, was tatsächlich beabsichtigt ist mit dem Gesetz: Polizeiarbeit soll faktisch Bundessache werden. Die Länder werden verpflichtet, alle „verbundrelevanten“ Informationen beim BKA anzuliefern. Und was „verbundrelevant“ ist, wird sich bald herausstellen: Wir tippen mal auf alles außer Ordnungswidrigkeiten und Kleinstkriminalität.

Ach ja: Um Fußfesseln ging es dem Bundesinnenminister dann auch noch: Das BKA darf nämlich jetzt „für Gefährder Aufenthaltsverbote erlassen und mit Hilfe von elektronischen Fußfesseln deren Einhaltung kontrollieren.“ Oh, da war sie groß die Aufregung in den sozialen Medien. Die Vertreter aller einschlägigen Lager gaben ihren Meinungszettel ab und ließen ihrer Empörung freien Lauf.
Auch die Tagesschau berichtete: Dort kam der Begriff „BKA-Gesetz“ wenigstens mal vor. Wozu das da ist, dass das Bundesverfassungsgericht Beanstandungen hatte. Und dann ging’s auch dort schon wieder um die Fußfessel.

Eine feine Bestätigung für die Methode des Bundesinnenministers: Eine stinklangweilige Überschrift am Anfang und ein Reizthema am Schluss und Du kannst in der Mitte eine Bombe verpacken: Es wird kaum einer merken!

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